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Wotan und Vafthrudnir

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm und Wotan und Thor unterscheiden sich oftmals weniger voneinander, als man annimmt. Im Gegensatz zu Thor, der bekannter Weise eine Vorliebe für das Einschlagen von Riesenschädeln entwickelt hat, sucht sein Vater, obwohl er ein Kriegsgott ist, die Konfrontation mit Riesen eher über die intellektuelle Auseinandersetzung und so kommt es vor, dass Wotan einen von ihnen aufsucht, um sein Wissen und auch jenes des Thursen auf die Probe zu stellen. Die Warnung seiner Frau Frigg, lieber daheim zu bleiben und Vafthrudnir in Ruhe zu lassen, schlägt er in den Wind und macht sich auf den Weg. Er weiß, dass dieser als eines der weisesten Wesen Yggdrasils gilt, was den Nervenkitzel umso süßer gestaltet. Wer sich nicht mit anderen misst, fällt leicht hinter sie zurück und das darf dem Göttervater unter gar keinen Umständen passieren. Schließlich hat er das Geschlecht der Riesen in grauer Vorzeit nicht beinahe ausgelöscht, um sich nun von einem dahergelaufenen Schlaumeier kognitiv das Wasser reichen zu lassen. Streitsüchtig, geladen und unter falschem Namen tritt er in des Riesen Halle und fordert ihn zum Wissensstreit heraus, welcher sogleich beginnt. Sie fangen mit einfachen Frage an und steigern sich im Laufe der Zeit bis hin zu recht komplexen Herausforderungen für den jeweils anderen. Es scheint, als seien sie sich ebenbürtig, bis Wotan Vafthrudnir seinen Joker an den Kopf wirft und ihn fragt, was Wotan Balder in sein Ohr flüstern werde, wenn dieser einst seine Reise nach Hel antritt. Durch diese Frage erkennt er, dass Wotan selbst sein Kontrahent ist, gibt sich ihm geschlagen, da er keine Norne ist und die Zukunft kennt und bleibt gedemütigt zurück, während Wotan in seiner uneingeschränkten Weisheit bestätigt siegestrunken zurück nach Asgard reitet, um sich dort feiern zu lassen.

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